Raumpioniere wollen regionale Identität in der Mecklenburgischen Schweiz schaffen
Sie wollen es nicht dem Zufall überlassen, sie fühlen sich verantwortlich für ihre Region und wollen sich für eine lebenswerte und nachhaltige Zukunft in der Mecklenburgischen Schweiz einsetzen – der Landstrich, in dem sie leben. Auf dem Projekthof Karnitz haben die Raumpioniere einen Ort des Austausches gefunden.
Sie – das sind Menschen, die in der Region etwas bewegen wollen. In Karnitz bei Neukalen laufen die Fäden ihres gemeinsamen Interesses zusammen. Unter dem Oberbegriff Raumpioniere kommen da Künstler, Kreativschaffende, Handwerker, Wissenschaftler, Historiker, Landwirte, Bürgerinnen und Bürger an einen Tisch und reden, schmieden Pläne, starten Projekte. Ihr gemeinsames Ziel ist es, mit gesellschaftlichen Herausforderungen und Umbrüchen zukunftsfähig umzugehen.
Der Ort passt perfekt, denn hier steht das Lernen durch Erfahrung für eine lebendige Region im Vordergrund. Kunst, Kultur, Bildung, Wissenschaft, Handwerk – es wird nach übergreifenden Lösungsansätzen gesucht. Und so werden hier auch die drängenden Fragen nach Mobilität, Ernährung, Digitalisierung, Regionalität und Identität gestellt. „Wohin verändert sich die Region, wenn sie bewusst agil werden möchte?“, formuliert Joachim Borner eine zentrale Frage. Dabei spielen sowohl die Begriffe Heimat und Herkunft eine wichtige Rolle, aber auch die Auseinandersetzung mit der Zukunft. „Es gibt viele Umbrüche, denen wir uns hier stellen müssen“, sagt Borner und nennt Klimawandel und Demografie als zwei wichtige Punkte. So leide der ländliche Raum an massiver Überalterung, aber die Lösung liege nicht darin, nun ausschließlich Altenpflegepersonal zu rekrutieren. Eine Region brauche viel mehr. Was das ist und wie das zu erreichen wäre, wird in unterschiedlichen Arbeitsgemeinschaften besprochen und erforscht.
Kooperation ist das Wichtigste
„Elementar ist die Zusammenarbeit“, stellt Borner fest. Es bringe nichts, viele kleine Insellösungen unabhängig voneinander zu installieren, sondern den Austausch und die Kooperation zu fördern, um die Lösungen zukunftsfähig und nachhaltig zu gestalten. Beispiele seien Mobilität auf dem Land und regionale Ernährung. Hier setzt die Arbeit des Projekthofes an. Es werden gemeinsame Arbeitstreffen organisiert, die AG-Arbeit koordiniert, öffentliche Veranstaltungen abgehalten. Alle Menschen in der Region sollen sich in den Prozess einbringen können, ihr Lebensumfeld aktiv gestalten.
Knapp 70 Raumpioniere haben sich in dem offenen Netzwerk bereits zusammengeschlossen. Einige sind fast immer dabei, andere bringen sich zielgerichtet mit ihren Kompetenzen ein oder wollen den Prozess nur am Rande verfolgen. Ihnen gemeinsam ist die Verortung in der Mecklenburgischen Schweiz, einem Landstrich mitten in Mecklenburg, im Norden der Mecklenburgischen Seenplatte. Schon im 19. Jahrhundert bekam sie ihren Namen, den sie vermutlich ihrer hügeligen Landschaft verdankt. Hier sehen Joachim Borner und Martina Zienert vom Projekthof Karnitz eine große Chance für die Region. „Bisher fehlt das große Ganze“, so Borner. Wenn ich gefragt werde, wo ich wohne, sage ich zwischen Teterow und Demmin oder zwischen Waren und Rostock. Das fühlt sich manchmal wie ein Nirgendwo an. Aber da ist ja noch viel mehr und könnte vielleicht sogar der Eidotter für alles Drumherum sein.“ So arbeitet eine AG an der Etablierung eines Regiobrandings „Mecklenburgische Schweiz“. Ziel ist es, ein Dach zu schaffen, unter dem sich die einzelnen Akteure, die Bürgerinnen und Bürger richtig verorten können; nicht mehr nur ein eher unbedeutender Teil des größten Landkreises Deutschlands zu sein, sondern selbstbewusst mit den eigenen Pfunden wuchern zu können.
Genau für diese Region wollen die Raumpioniere nun neue Wege der Zusammenarbeit finden, eine eigene Identität schaffen und Impulse für neue Lösungen gesellschaftlicher Herausforderungen liefern.
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