Knoblauch von der Müritz

Das Ehepaar Schneider setzt in Gotthun auf regionale Produkte aus eigenem Anbau

Der kleine Traktor rattert los. Marco Schneider lenkt ihn gekonnt entlang der Reihen. Die Maschine buddelt sich durch die Erde, auf einem Sieb landen die Pflanzen, die sie dabei herausholt. Noch sieht alles etwas diffus aus, doch nach ein paar Metern sind neben Grasbüscheln die Lauchpflanzen erkennbar. Marco Schneider putzt die Knollen ein wenig ab und schon erstrahlt der Knoblauch in gewohntem Weiß. „Darauf wollen wir uns jetzt spezialisieren“, sagt der Landwirt aus Gotthun an der Müritz. Damit geht er ungewöhnliche Wege: die größten Anbaugebiete von Knoblauch liegen in China, Indien und Ägypten. Regional angebauter Knoblauch aus Deutschland ist eher rar. Die ersten Restaurants haben schon bestellt. Weitere Vermarktungswege sollen folgen.

Marco Schneider bei der Knoblauchernte. Foto: Manuela Heberer

Daneben wachsen Rote Bete, Pastinake, Sellerie. Auch diese werden regional vermarktet. Abnehmer sind private Haushalte, Restaurants, Hofläden. Ein Teil wird in Kooperation mit einer Manufaktur in Göhren-Lebbin zu Kraftbrühe verarbeitet. „98 Prozent der darin enthaltenen Produkte stammen von unserem Hof“, freut sich Dana Augustin-Schneider. Zusammen mit ihrem Mann Marco hat sie 2018 Schneiders Hof gegründet, um eigene landwirtschaftliche Produkte direkt zu vermarkten. Neben einem Verkaufsautomaten direkt am Gartenzaun in Gotthun gibt es mittlerweile einen zweiten in Penkow neben der Weide der Fleesensee-Alpakas. 24-Stunden lang sind dort die hauseigenen Produkte verfügbar. Frische Freilandeier von den eigenen Hühnern, Nudeln, Kraftbrühe, Wurstprodukte, Kartoffeln – die Produktpalette wächst stetig. Immer aufs Neue erweitern die Schneiders ihr Sortiment, überlegen sich, wie sie ihre Produkte weiterverarbeiten oder veredeln können. So gibt es in der Jagdsaison zusätzlich Wildprodukte, Säfte aus eigenem Obst und Gemüse.

Der 24-Stunden-Konsum steht direkt hinterm Gartenzaun der Schneiders in Gotthun.
Foto: Manuela Heberer

Die Nachfrage ist groß. Besonders in der Urlaubssaison nutzen viele Touristen das Angebot. Aber auch viele einheimische Stammkunden hat der Hof. Diese werden von Dana Augustin-Schneider informiert, wenn wieder geschlachtet wird, damit sie sich rechtzeitig ein Suppenhuhn oder ein gutes Stück Rindfleisch sichern können. Alle paar Monate schlachten die Schneiders eines ihrer Rinder. Vier Mutterkühe sind für die Nachzucht verantwortlich. Sie leben zusammen mit anderen Artgenossen auf den Weiden rund um das Dorf. Auch die Hühner leben im Freiland, haben viel Platz zum Laufen, Picken und für soziales Verhalten. „Uns ist es wichtig, authentische Produkte aus der Region zu erzeugen. Dabei verzichten wir soweit es möglich ist ganz bewusst auf synthetischen Dünger oder Pestizide“, sagt Dana Augustin-Schneider. Sie ist der Verkaufsprofi auf dem Hof. Jahrelang hat sie im deutschlandweiten Vertrieb in der Baubranche gearbeitet. Jetzt, mit zwei kleinen Kindern, zieht es sie nicht mehr weit weg von der Heimat. Gemeinsam mit der Familie wohnt sie im Haus der Oma, die Eltern, Familie, wohnen zum Teil direkt um die Ecke.

Zukunftspläne mit persönlicher Note

Durch die vielen vorhandenen Kontakte vor Ort fiel der Start in die Selbstständigkeit nicht schwer. Dabei fing vor ein paar Jahren alles ganz unspektakulär mit einem Korb Kartoffeln und einer Kasse des Vertrauens an. Die Nachfrage war groß genug, um die Schneiders zu mehr zu ermutigen. Ideen haben beide genug: Irgendwann soll auf dem Gehöft ein kleiner Hofladen mit Küche entstehen, an dem die Kunden einen Ort zum Stöbern und Probieren haben und an dem auch noch Zeit für persönliche Gespräche und Beratung möglich ist. Die ist den Schneiders sehr wichtig. Gerade kommt eine ältere Dame vom Campingplatz nebenan angeradelt und schaut, welches Gemüse heute angeboten wird. Statt Rote Bete hätte sie lieber Bohnen. „Kein Problem“, sagt Marco Schneider. „Wie viele wollen sie?“. Nach einem kurzen Schnack ist klar: Die Dame wird am Tag darauf wiederkommen, sich ein Kilo Bohnen abholen und auch noch ein paar Möhren mitnehmen. Dem persönlichen Gespräch sei Dank!

Von Manuela Heberer

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